Omihachiman Sagicho Matsuri -- heitere Kämpfe mit Holzflößen und abendliches Feueropfer 13.3.2016
Heute (Sonntag der 13.3.) nachmittag war ich in Omihachiman, um etwas vom Sagicho Matsuri zu sehen. Es ist ein Neujahrsfest nach chinesischem Kalender, das sich auf den großen Feldherrn und Strategen Oda Nobunaga zurückführt, der in Azuchi, heute ein Ortsteil von Omihachiman, ab 1576 seine Burg errichten ließ.
Im Lauf der vorausgehenden zwei Monate stellt jeder Ortsteil von Omihachiman eine Festskulptur her, einen sogenannten Sagicho, der aus Stroh und Nadelholz besteht, und mit verschiedenen Nahrungsmitteln sowie dem Tierkreiszeichen fürs neue Jahr geschmückt ist. Montiert auf einem Holzgestell wird das Teil von Männern oder Kindern im Ort herumgetragen, wobei sich die Gruppen Zweikämpfe miteinander liefern.
Ich bin mit dem Zug angereist und nach der ersten Kurve unweit vom Bahnhof öffnet sich der Blick in die Hauptstraße:
Hier deutet noch nichts auf das Fest hin. Das Schreingelände, das den Mittelpunkt des Festes ausmacht, befindet sich am Fuß des Berges im Hintergrund.
Man kann vom Bahnhof entweder etwa eine halbe Stunde zu Fuß gehen, oder einen Linienbus nehmen. Ich habe auch etliche Japaner mit Mietfahrrädern gesehen.
Insgesamt läuft das Matsuri das ganze Wochenende. Es beginnt Samstag mittag mit der Ausstellung der Sagicho, einer Parade durch die Straßen im Umfeld des Schreins, und am Abend der Prämierung des besten Sagicho. Die Details sind leider nur auf japanisch online, ich habe Google translate auf die Matsuri-Webseite angesetzt und mir den Rest zusammengereimt.
Auf dem Weg fällt mir ein besonders schön farbig eingelegter Kanaldeckel auf:
Und schon bin ich mittendrin. So sieht also ein Sagicho aus, auf dem Bild sind zwei hintereinander:
Kern eines Sagicho ist ein Strohgebinde mit einem Gerüst aus Holz. Oben stecken Zweige mit roten Papierstreifen drin, und vorne hat es eine dekorative Scheibe mit dem Jahrestier, heuer also dem Affen.
Das waren zwei der Kinder-Saguchi, die der Erwachsenen sind ein bisschen größer und die Kämpfe sind noch etwas wilder, vor allem, weil die Träger im Lauf des Tages auch einiges trinken.
Das Prinzip ist aber bei allen gleich: Der Strohkern ist zwischen zwei Längsstangen links und rechts befestigt, und entlang der Längsstangen sind eine Reihe Querhölzer, an denen die Gebilde getragen werden. Notfalls kann man die Teile aber auch auf Rollwagen absetzen und schieben.
Hier ist gerade ein Kampf im Gange. Die beiden Gegner versuchen, das jeweils andere Floß zurückzudrängen und umzukippen, eine bessere Ausgangslage verschafft man sich anscheinend, indem man das vordere Ende nach oben hebt, um sich dann mit den Stangen des Gegners zu verkeilen. Teilweise balanciert ein Antreiber vorne hoch oben auf dem Gestell.
Nach der Entscheidung ziehen sich die beiden tewass zurück und richten sich ihre Flöße wieder auf. Gerne wird das eigene Floß präsentiert, indem man sich im Kreis dreht, dazu erschallen Trillerpfeifen und ein lautes “Yare yare!”
Die jungen Leute präsentieren ihr Floß:
Die Straße ist mit Essensbuden gesäumt. Hier gibts Takoyaki, Oktopusbällchen, eine sehr traditionelle Matsuri-Mahlzeit:
Die Idee, die Takoyaki in einem Palmblatt zu servieren, wäre ja gut, wird aber dadurch relativiert, dass sie dann doch nochmal in eine Plastikschale und eine Tüte verpackt ausgegeben werden. Vor dem Servieren wird eine braune Soße draufgestrichen, etwas Kräuter und Bonitoblättchen.
Ah, das war ja bloß eine Straße davor, jetzt komme ich erst zum Hauptplatz des Ganzen:
Hier wird wieder gekämpft. Das rechte Floß scheint die Oberhand zu haben:
Bunte Haare sind verbreitet, überwiegend nur mit Sprühfarbe für den Tag hergemacht. Ich hatte ja was von Männern in Frauenkleidern gelesen, das schien mir aber die Ausnahme zu sein, so wie bei dieser blauhaarigen Maid vorne:
Hier noch einer der vielen Verkäufer. TwistPotato ist eine einfache Idee: Wie mit einem Radischneider wird ein Kartoffel spiralig aufgeschnitten und dann fritiert. Die frische Version von Kartoffelchips.
Gleich neben dem Schrein führt eine Gondelbahn (Ropeway) auf den Berg mit einem Tempel oben. Unterwegs gibt es eine nette AUssicht auf das Fest:
Omihachiman ist doch eine ganz ausgedehnte Stadt:
Der Tempel machte leider gerade zu, als ich oben ankam. Drumherum führt ein kleiner Rundweg zu mehreren Aussichtspunkten auf den Biwa-See.
Nach Norden hält sich der Ausblick in Grenzen, da gleich der nächste Hügel folgt, nach Westen ist es etwas offener:
Bergab nahm ich den Fußweg, da ich befürchtete, die Seilbahn würde schon Schluss machen und auch wegen der Abwechslung. Ein Torii lug mich ein, einen kleinen Abstecher zu einem Schrein zu machen:
vorbei an diversen Nebenschreinchen kommt man zu einem doch ganz stattlichen Gebäude:
Unten angekommen bietet ein kleiner Park einen sehr farbenprächtig blühenden Pflaumen(?)baum:
Die Sagicho werden als Opfergaben für das neue Jahr verbrannt. Gegen 18 Uhr erfolgt das Abbrennen der Kinderflöße, die anderen kommen dann zwischen 20 und 22 Uhr an die Reihe. Dazu werden sie vor dem Schrein aufgestellt und die Tragbalken entfernt.
Ist das nicht ein süßes Äffchen?
Da sieht dieser Affe schon wesentlich wilder aus:
Passend zur einsetzenden Dämmerung beginnt die Verbrennung. mit einem brennenden Strohbüschel entzündet, fackelt zunächst das Stroh und Papier mit einer riesigen Flamme ab:
Hier brennt eines mit etwas höherem Aufbau:
Das erste Feuer legt offen, auf welchem Holz-Gerüst das Stroh aufgebaut war. Dieses braucht natürlich länger zum Verbrennen.
Gegen 18 Uhr wurden so die ersten sechs Sagicho verbrannt. Es waren viele Ordner und Feuerwehr präsent, die sich um einen sicheren Ablauf gekümmert und anschließend die Glut auseiandergezogen haben. Insgesamt muss ich sagen, dass es zwar schon viele Besucher gab, aber ich nicht das Gefühl hatte in der Menschenmenge erdrückt zu werden, es war doch recht schön verteilt und eher locker. Es sind wohl vorwiegend Leute aus der Region, die dieses Matsuri besuchen.
Die weiteren, größeren Sagicho zogen noch um die Häuser und waren dann später am Abend dran. Unterstützt durch einsetzenden Regen habe ich für mich beschlossen, dass ich genug gesehen habe, und machte mich auf den Weg zurück zu meinem Hotel in Kyoto.
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