Am zweiten Tag dieser Kyushu-Tour wollte ich mal tief in die japanische Vergangenheit zurückgehen. Und zwar in die Yayoi-Periode, etwa 300 v.Chr. bis 250 n.Chr. Neuere Erkenntnisse datieren ihren Beginn schon wesentlich früher. Da in Japan damals noch keine Schriftsprache existierte, werden einerseits Ausgrabungsfunde und andererseits Aufzeichnungen aus China über Japan als Quellen herangezogen.

Diese Periode ist in dem Ausgrabungsort Yoshinogari Park auf Kyushu verkörpert, den ich daher am zweiten Tag ansteuerte. Das passte auch von der Route her, denn der Park liegt auf dem Weg von meinem Übernachtungsort Isahaya nach Fukuoka, zwischen Saga und Tosu. Somit setzte sich die Bahnfahrt aus einer Station Bummelzug von Nishi-Isahaya nach Isahaya, einer Stunde Limited Express nach Saga und 11 Minuten wieder mit einem Local Train nach Yoshinogarikoen zusammen.

Am Bahnhof angekommen und auch auf dem Fußweg zum Park lassen Wegweiser keinen Zweifel, dass die Richtung stimmt. Auch die Kanaldeckel haben den Park zum Thema:

Yoshinogari: Wegweiser und Kanaldeckel

Yoshinogari: Wegweiser und Kanaldeckel

Am Parkeingang angekommen, lässt die moderne Architektur zunächst Zweifel aufkommen, ob ich da richtig bin:

Yoshinogari Park: Osteingang

Yoshinogari Park: Osteingang

Doch dann ist alles klar. Das Gelände ist wie später die Burgen mit mehreren Verteidigungsringen gesichert, die hier jeweils aus Palisaden, einem Graben und einem Gürtel aus angespitzten Stöcken bestehen. Das Portal mit den Vogelfiguren darauf nimmt schon die typische Form der späteren Torii vorweg:

Yoshinogari Park: äußerer Schutzwall und Tor

Yoshinogari Park: äußerer Schutzwall und Tor

Das Gelände ist riesig, und umfasst unter anderem zwei besonders abgesicherte Siedlungen, die man daher dem Herrscher zuordnet. Es ist von einem König die Rede, der Abgaben nach China im Austausch für die Anerkennung seines Gebiets abführte. Vom Osteingang aus kommt man vorbei an einem Ausstellungsraum zunächst zum “Süd-Palast” Minami-Naikaku. Diese Häusergruppe wird als Wohnung der Königsfamilie interpretiert.

Yoshinogari Park: Minami-Naikaku, der Süd-Palast

Yoshinogari Park: Minami-Naikaku, der Süd-Palast

Die meisten der Häuser sind begehbar und enthalten Nachstellungen historischer Szenen, die auch auf mehrsprachigen (japanisch, englisch, koreanisch, chinesisch) Informationstafeln erläutert sind. Die Wohnhäuser sind als Grubenhäuser in die Erde gesenkt, das Dach setzt auf dem Boden auf. Hier das Wohnhaus des Ô (Königs) mit seiner Familie, herausgehoben durch eine weitere Umzäunung und einen Schmuckbalken auf dem Dachfirst.

Das Haus dahinter wurde der Königstochter nach ihrer Heirat gebaut.

Yoshinogari Park: Minami-Naikaku, Königshaus

Yoshinogari Park: Minami-Naikaku, Königshaus

Und so sitzt er darin, der König mit seiner Frau:

Yoshinogari Park: Minami-Naikaku, Königshaus innen

Yoshinogari Park: Minami-Naikaku, Königshaus innen

Ein separates Küchenhaus mit mehreren Feuerstellen dient der Versorgung der Königsfamilie. Es ist ebenerdig gebaut, durch den offenen First kann der Rauch gut abziehen:

Yoshinogari Park: Minami-Naikaku, Küchenhaus

Yoshinogari Park: Minami-Naikaku, Küchenhaus

Die Herrscherklasse Taijin berät den König, dazu gibt es ein Versammlungshaus, und der “Außenminister” empfängt in seinem Haus Gesandte anderer Reiche. Weitere Häuser zeigen eine Braueerei für Sake, Seidenraupenzucht und Weberei.

Die dem Palastgelände benachbarten Lagerhäuser sind dagegen auf Stelzen gebaut. An verschiedenen Stellen wurden Lager für Reisbüschel und Reiskörner, Abgaben, Werkzeuge, Waffen, Stoffe, rituelle Gewänder und andere Güter identifiziert.

Yoshinogari Park: Lagerhäuser

Yoshinogari Park: Lagerhäuser

Unweit vom Süd-Palast befindet sich der Nord-Palast Kita-Naikaku. Die Bauten dort sollen rituellen Zwecken gedient haben, den Mittelpunkt nimmt die Zeremonienhalle, ein mehrstöckiges, hoch aufgeständertes Gebäude, ein.

Yoshinogari Park: Kita-Naikaku, Zeremonienhalle

Yoshinogari Park: Kita-Naikaku, Zeremonienhalle

Drinnen ist eine rituelle Versammlung dargestellt:

Yoshinogari Park: Kita-Naikaku, Zeremonie

Yoshinogari Park: Kita-Naikaku, Zeremonie

Ein Stockwerk höher wirds noch spiritueller: Die Oberpriesterin versucht von Harfenmusik begleitet Mitteilungen der Vorfahren zu empfangen, die Spezialisten um sie herum sollen diese interpretieren.

Yoshinogari Park: Kita-Naikaku, Ritual mit der Oberpriesterin

Yoshinogari Park: Kita-Naikaku, Ritual mit der Oberpriesterin

Weiter nördlich befindet sich der Grabhügel. Hier wurden die Könige und Mitglieder der Herrscherschicht beigesetzt, wobei jeweils ein Paar von großen Tonvasen, an den Öffnungen zusammengesetzt, als Sarg fungierte.

Yoshinogari Park: nördlicher Grabhügel

Yoshinogari Park: nördlicher Grabhügel

Der Grabhügel ist zu einer eindrucksvoll großen Ausstellungshalle der Ausgrabungen ausgebaut:

Yoshinogari Park: der nördliche Grabhügel ist eine Ausstellungshalle für die Ausgrabungen

Yoshinogari Park: der nördliche Grabhügel ist eine Ausstellungshalle für die Ausgrabungen

Etwas daneben zieht sich ein Streifen von kleineren Grabhügeln entlang, ein länglicher Friedhof sozusagen.

Yoshinogari Park: Gräberfeld

Yoshinogari Park: Gräberfeld

Eine Ausstellungshalle im Norden des Geländes illustriert neben dem Leben der Yayoi-Leute auch die Forschung zur Entwicklung der Pflanzenwelt. Aus den Ausgrabungen wurden Samen und Pollen extrahiert, um die damalige Vegetation nachzuvollziehen.

Ein Rückweg zu den zentralen Dörfern führt an einer Wiese entlang, wo die Kirschbäume erste Blüten zeigen.

Yoshinogari Park: Kirschbäume in beginnender Blüte

Yoshinogari Park: Kirschbäume in beginnender Blüte

Außerhalb des Südpalasts befindet sich eine Häusergruppe, die als Yoshinogari-Dorf verstanden wird. Dort wohnten von einem Bürgermeister geleitet die “gewöhnlichen Leute” und es wurde Markt abgehalten. Der Marktturm enthielt im ersten Stock die Verwaltung, im zweiten Stock ist eine Trommel aufgehängt, die man auch schlagen kann.

Yoshinogari Park: Marktturm mit Trommel

Yoshinogari Park: Marktturm mit Trommel

Nun war es aber Zeit, mich wieder zum Bahnhof aufzumachen, denn ich hatte noch eine lange Fahrt vor mir. Die nächste Nacht habe ich in Beppu gebucht. Also erstmal den Fußweg zum Bahnhof, dann etwa 15 Minuten Lokalzug nach Tosu, ein Limited Express nach Hakata und dort schnell in den Limited Express SONIC 37 nach Beppu.

Auf Kyushu haben übrigens die Bahnstationen jeweils ein Logo, logisch dass der “Yoshinogari Park” Halt sich ein Symbol der Yayoi-Siedlung, einen Wachturm, ausgesucht hat:

Yoshinogari Park: Tafel der Bahnstation

Yoshinogari Park: Tafel der Bahnstation

Der “KAMOME 96” nach Hakata, ab 15:30 in Tosu wurde extra für die Feiertage eingefügt. Die Umsteigezeit in Hakata war daher mit drfei Minuten sehr knapp, noch dazu weil ich auf den anderen Bahnsteig wechseln musste. Aber die Rolltreppe war gleich bei meiner Tür, so klappte es wie am Schnürchen.

In Kokura dann eine für Japaner völlig normale, für uns Touristen noch ungewohnte Durchsage (auf Japanisch und Englisch, evtl. auch Koreanisch und Chinesisch, da bin ich mir grad nicht sicher): “In Kokura wechselt der Zug die Fahrtrichtung. Sie können Ihren Sitz nach Drücken des Pedals am Sockel gerne umdrehen.”

Die meisten Züge in Japan haben nämlich drehbare Sitze, die an den Endstationen vom Personal oder sogar motorisch in Fahrtrichtung gedreht werden. Im besetzten Zug wäre das freilich nicht praktisch, da muss man selber Hand anlegen.
Wenn man als Gruppe unterwegs ist, kann man auch jederzeit eine Sitzbank umdrehen, um eine Vierergruppe zu erhalten.

JR Kyushu Limited Express: Sitz während des Drehens

JR Kyushu Limited Express: Sitz während des Drehens

Um 17:51 kam ich dann in Beppu an.

Beppu, Bahnhofsvorplatz

Beppu, Bahnhofsvorplatz

Heiße Quellen darzustellen ist nicht so einfach, drum hat man für den Kanaldeckel wohl Blumen gewählt:

Beppu, Kanaldeckel

Beppu, Kanaldeckel

In Beppu hatte ich das Ryokan-Hotel “The New Tsuruta” gebucht. Eine Nacht im Tatami-Zimmer zur Alleinbenutzung mit Frühstück (Buffet) kam auf 7530 Yen (davon sind 1080 Yen Frühstück und 150 Yen Onsen-Steuer). Dafür bekommt man ein Zimmer mit 8 Matten, wo man für 1-2 Leute nicht mal nachts den Tisch wegräumen muss, um den Futon auszubreiten, eine Veranda mit Tischchen und zwei westlichen Lehnstühlen und eigenes Bad/WC. Yukata in verschiedenen Größen und der zugehörige Überwurf liegen bereit und dürfen ausdrücklich nicht nur ins Bad sondern auch im Restaurant getragen werden. Die Schuhe zieht man im Vorraum des Zimmers aus, Zehensandalen zur Benutzung im Haus liegen in einem Schuhschrank bereit.

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Zimmer

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Zimmer

Der Blick aus dem Fenster über den Mini-Balkon geht nach Osten aufs Meer, oder wie hier schräg rechts auf die Küste Richtung Oita.

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Blick aus dem Zimmer

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Blick aus dem Zimmer

Nachdem das Onsen-Bad am nächsten Morgen schloss, konnte ich ein paar Fotos davon schießen. Entspannt habe ich darin natürlich nach der Ankunft am Abend sehr bald.

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Hotelbad - Umkleide

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Hotelbad - Umkleide

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Hotelbad - Waschplätze

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Hotelbad - Waschplätze

Wie immer in einem japanischen Bad wäscht man sich zunächst an den Waschplätzen gründlich sauber, bevor man ins gemeinsame Becken geht. Das Bad selber bietet auch Meerblick. Rechts gehts zu einem kleinen Außenbecken.

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Hotelbad - Becken

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Hotelbad - Becken

Das Wasser im japanischen Bad, so auch hier, ist in der Regel sehr heiß (40-42 Grad). Mit den Schöpfkellen kann man sich Wasser übergießen, um den Körper daran zu gewöhnen, am besten hängt man damit an den Gliedern Hände und Füße) an und geht schrittweise bis zum Rumpf vor. Anschließend soll man sich nach und nach ins Becken senken, damit der Kreislauf Gelegenheit hat, sich anzupassen. Am Ende freut sich aber besonders auch mein Nacken über die wohltuende Wärme.

Die Ablagerungen an dem kleinen Becken hat man bewußt zusammenkommen lassen, um den Mineraliengehalt des Thermalwassers zu illustrieren.

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Hotelbad - kleines Becken und Ablagerungen

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Hotelbad - kleines Becken und Ablagerungen

Nach dem entspannenden Bad bin ich dann nochmal losgezogen, ein bisschen die Nachbarschaft zu erkunden, und mir ein Abendessen zu suchen. Am Ende ist meine Wahl auf Yakiudon gefallen:

Beppu, Yakiudon in einem Restaurant

Beppu, Yakiudon in einem Restaurant

Dass es in Beppu an heißem Wasser nicht mangelt, zeigt ein Wasserbecken am Straßenrand. Ich denke, es ist als Fußbad gedacht. Insgesamt hat die Stadt Beppu acht Thermalquellen, wobei ich davon ausgehe, dass mein Hotel im Bahnhofsnähe am “Beppu Onsen” dranhängt.

Beppu, ein Heißwasserbecken am Straßenrand

Beppu, ein Heißwasserbecken am Straßenrand

Am nächsten Morgen grüßt mich ein Sonnenaufgang hinter Oita.

Beppu, Sonnenaufgang

Beppu, Sonnenaufgang

Für mich war Beppu nur ein Übernachtungsort, daher verabschiede ich mich nun nicht nur vom Hotel sondern auch von der Stadt. (Was ich so lese, ist es extrem kommerzialisiert und daher eher ein Touristen-Nepp, z.B. die kitschig eingefärbten “Höllenquellen”.)

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Front

Beppu, Hotel The New Tsuruta, Front