Miyako und Jodogahama -- Traumstrand mit Felseninseln 10.5.2016
Am 10.5. bin ich von meinem Übernachtungsort Morioka zu einem Tagesausflug nach Miyako gefahren. Das Wetter war nicht so toll, es war regnerisch, aber davon wollte ich mich nicht abhalten lassen. Laut Auskunft von Hyperdia würde der erste Zug erst um 11:08 fahren. Nun ja, dann wird es eben nur ein Nachmittagsausflug, dachte ich mir, denn die Fahrt dauert gut zwei Stunden. Am Bahnhof das Gleis für die Yamada Line gefunden und auch einen Zug, der um 11:08 abfährt, allerdings war als Ziel nicht Miyako angegeben, sondern Kamiyonai.
Die Dame am Gleis fragte mich, wo ich hin will, ich sage Miyako, da meint sie, heavy rain, train does not run. Begleitet mich zum Schalter (Whiteback-Durchlass), und dort gibt mir ihr Kollege einen Zettel mit den Expressbusverbindungen für Linie 106 Morioka-Miyako und zurück und Skizzen, an welcher Bushaltestelle der Bus hier und in Miyako jeweils abfährt, und schreibt mir ein Ticket für den Bus. So funktioniert das also hier, bei uns hätte die Bahn vermutlich genau für das gesperrte Stück einen Schienenersatzverkehr eingerichtet, hier bekommt man für die ganze Strecke ein Ticket für den Expressbus. (Allerdings deckt die Strecke bis Kamiyonai auch gerade mal 10km von den gut 100km nach Miyako ab, inzwischen habe ich die Störungsseite von JR East für Tohoku im Internet gefunden, am anderen Ende sind ab Kawauchi immerhin ca 40km in Betrieb.)
Und das nette ist, der Expressbus fährt nicht nur dreimal am Tag, sondern stündlich, und das schon ab 05:45. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich früher losgefahren, so muss ich bis zum nächsten Bus um 11:40 warten und komme dann 13:55 in Miyako an. In der Zwischenzeit sehe ich auch das Display im Bahnhof, das über die Betriebslage informiert, da steht die Yamada Line rot „landslide“. Bisher hatte ich noch nicht das Thema, dass eine Strecke gesperrt war, da sollte ich wohl künftig ein Auge drauf haben.
Auch wenn es ein Expressbus ist, er hat schon gut zwanzig Haltestellen auf der Strecke, angefangen mit einer Handvoll innerhalb Morioka.
Ob der Expressbus wohl die Nummer 106 hat, weil er die Straße 106 entlangfährt? Auf den Wegweisern ist Jodogahama neben Miyako extra angegeben. Unterwegs erfreuen mich blühende Kirschbäume und andere Bäume und Sträucher.
Etwa zur Halbzeit macht er sogar einige Minuten Raucher-/Toilettenpause an einer Raststätte. Den größeren Teil der Strecke folgen wir dem gleichen Tal wie die Bahn, sie verläuft mal rechts, mal links, auch mal ober- oder unterhalb von uns. Unterwegs meine ich die Baustelle an der Bahnstrecke zu sehen.
Das ist also nichts, was erst gerade gestern passiert ist, Hyperdia hat offenbar keine Kenntnis von Betriebsstörungen, sondern liefert seine Informationen rein nach Fahrplan.
Unterwegs passieren wir einen kleineren Staudamm. Stauseen gibt es in der Region viele, zu Beginn der Meiji-Zeit gab es wohl oft Konflikte um die Wassernutzung, und Dürren führten zu Hungersnot. Daher wurden diese Reservoirs zur Bewässerung geplant, manche aber erst nach dem 2. Weltkrieg umgesetzt.
Beim Aussteigen werfe ich das Ticket von der Bahn statt Geld in die Plastikbox, das passt so. 2030 Yen hätte der Bus normal gekostet.
Hmm, wie komme ich dann an das Ticket für die Rückfahrt? Der Bahnhof Miyako ist besetzt, es fahren auch Züge, aber wohl eben nur die Teilstrecke auf deren Seite des gesperrten Abschnitts. Also gehe ich zum Reservierungsschalter und frage unter Vorlage des Rail Pass nach Morioka. Da schreibt mir der Bahner ebenfalls ein Busticket raus. Ich habe das lieber gleich nach Ankunft erledigt, dann muss ich mich nicht vor Abfahrt noch drum kümmern.
Im Umfeld von Miyako Bahnhof etwas ernüchternd: eine Tourist Info ist weder ausgeschildert noch fällt sie mir so auf. Die Umgebungskarte ist nur japanisch beschriftet und nicht sehr genau. Mein primäres Ziel ist Jodogahama, der Strand der Reinen Landes, paradiesisch schön. Es soll etwa 3km dorthin sein, und von der Bushaltestelle wären es eh nochmal 10 Minuten Fußweg, also denke ich mir, gehe ich doch gleich zu Fuß. Ich folge den Straßenwegweisern nach Jodogahama, die mich erst an der Hauptstraße 45 entlangführen.
Eine erste Abzweigung nach rechts ist abweichend beschildert, und ich meine mich von der Karte her zu erinnern, dass es nicht die erste Landausbuchtung dieser Küstenlinie ist. Es geht bergauf, das wundert mich ein wenig, wenn ich doch zum Strand will, aber die Wegweiser scheinen klar. Zwischendurch ein Schild: „Past Tsunami Inundation Section – End“. 7,3m hoch war die Tsunami-Welle 2011 hier in Miyako. Wenn man von diesem Schild den Ort hinunter blickt, ist schon erschreckend, welche Fläche das betrifft.
Schließlich die Abzweigung rechts, auch dies noch eine nummerierte Straße, also etwas größeres.
Es geht weiter bergauf! An einem Parkplatz zeigt mir eine Karte, sofern ich den roten Punkt als „das ist hier“ richtig interpretiere, dass ich doch etwas hintenrum gegangen bin.
Aber egal, das ganze ist ja eine Halbinsel, und dann gehe ich die Küstenlinie eben von hinten nach vorne ab, denke ich mir. Ein Weg in einen buddhistischen Friedhof kommt mir dann doch zu dubios vor und ich kehre um. Diese Friedhöfe am Hang sind wie ein Labyrinth: Es mag schon irgendwo einen Pfad hindurch geben, aber die Mehrzahl der Wege sind Sackgassen, die einen an einer Wand oder einem Zaun enden lassen. Wenn man sich nicht auskennt, ist die Wahrscheinlichkeit, an anderen Ende herauszufinden, gering.
Ein Schild führt mich von der Hauptstraße zu einem Wanderweg, wo ich mich für eine Richtung entscheiden muss.
Rechts oder links? Trotz der angegebenen Entfernung entscheide mich für (zum Land hin gesehen) rechts, denn nach links wäre mein Rückweg. Der Pfad führt mehrfach auf und ab. Eine Abzweigung könnte zur Küste führen, aber ich habe schon den Verdacht, dass es eine Sackgasse sein könnte.
In der Tat, es ist “nur” der Weg zu einem Aussichtspunkt, aber ein lohnender! Das flache Meer sieht glasklar aus und bietet tolle Farben!
Der Blick auf die schroffen, hohen Felsen macht auch klar: einen Weg näher am Ufer gibt es hier nicht, dieser Pfad im Wald ist wohl das Äußerste. Ich spare mir den Weiterweg zu dem unbekannten Punkt in noch 1,4km Entfernung, und folge lieber der anderen Richtung, wo die Endung -hama ja auch auf Strand hindeutet (kaigan ist wohl auch Strand, habe ich inzwischen nachgelesen). Durch den Friedhof führt dieser Weg zu einer Fahrstraße zum Ufer. Nach links führt ein kurzer Tunnel zu einem kleinen Fischerhafen.
Rechts ist Baustelle, das Schild deutet an, dass die Bauzeit einfach mal um ein Jahr verlängert wurde, die Jahreszahl ist überklebt, das Datum hat man gelassen. Anscheinend entsteht hier ein Uferweg einschließlich dafür nötiger Tunnel. Die Einstufung als Nationalpark Sanriku-Küste hat nationale Gelder freigemacht, die durch den Tourismus indirekt wohl auch den Leuten vor Ort helfen, auf jeden Fall Abes Regierung helfen, sich großzügig zu der gebeutelten Region darzustellen.
Der Weg bergauf bringt mich um 16:05 wieder auf die Hauptstraße – auf der anderen Brückenseite als ich sie vor 45 Minuten verlassen hatte. Kurz darauf führt eine Treppe bergauf zu einem Aussichtspunkt.
Endlich ein etwas genauerer Lageplan. Ich kam die Straße 248 von links unten und sah gerade von Aussichtspunkt 5 hinunter. Jetzt werde ich die Halbinsel im Uhrzeigersinn umrunden.
Hier steckt sicher auch Wiederaufbau-Geld. Die Küstenstraße mit danebenliegendem Fußweg ist so schwarz, als wäre sie erst gestern asphaltiert worden. Auch die Böschungen bestehen noch aus unbewachsener Erde in präzise geformter Schräge. Fußwege zweigen zu zahlreichen Aussichtspunkten ab. Von dem treppauf im letzten Bild sieht man aber vorwiegend Bäume. Am Strand angekommen empfängt mich ein „Rest House“.
Leckeres Essen ist abgebildet, aber die Küche hat schon geschlossen. Ich kaufe mir eine große Tüte Reiskekse mit Squid-Geschmack und für eine Bekannte (Hallo Barbara!) ein Hello Kitty als Kappa-Schwimmerin an einem Kugelschreiber, hoffentlich erweist sich das als erwünscht. Hier beginnt der malerische Jodogahama-Strand mit einer Kette von Felsen. Geschützt von diesen ergibt sich eine Badebucht mit ruhigem Wasser.
Ich treffe ein japanisches Paar, das mit dem Mietwagen hierher gefahren ist. Ein wenig würde es mich schon reizen, das Wasser auszuprobieren, Handtuch und Badehose hatte ich sicherheitshalber eingepackt, aber das trübe kühle Wetter, verbunden mit der doch schon fortgeschrittenen Zeit, vergraulen mich. Stattdessen folge ich der Uferpromenade für immer neue Blickwinkel auf die Felsenkette.
Das Wasser ist glasklar, es sind vor allem die gekräuselten weiß-braunen Trichteralgen und weitere Algen zu sehen. Der Kalkgrund, teils felsig, teils als Kies, erinnert mich an die jugoslawische Adria. Von einem Bootsverleih geht es ein wenig bergauf zum Information Center des Parks.
Ich werfe einen kurzen Blick in das Information Center, im wesentlichen gibt es Informationsmaterial auf japanisch, ein Foto an der Wand erinnert an die Zerstörung von 2011.
Zwei weitere Aussichtspunkte befinden sich an diesem Rand der Halbinsel. Wow, diese und die Wege dorthin sind fürstlich ausgebaut, hier steckt also wohl auch reichlich nationales Geld drin. Der erste Platz, Tategasaki, hat einen extra Aussichtsturm, das ist auch hilfreich, um ein wenig über die Bäume hinwegblicken zu können. Leider ist die Sicht gerade sehr schlecht.
Der zweite, Ryujinzaki, hat eine pompöse aufgeständerte Treppe.
Der letzte Treppenabstieg ist wieder mit Azaleen gesäumt. Er ist beschildert, aber die Straße ist eine Nebenstraße am Ende des Hafenareals.
Die Abkürzung Richtung Miyako führt mich am Hafengebiet entlang. Die Straße macht viele Schlenker um Baustellen herum.
Schließlich erreiche ich die Abzweigung, wo ich auf dem Hinweg der Hauptstraße landeinwärts gefolgt bin. An den ganzen Baustellen vorbei, und über die eine oder andere Abzweigung, hätte ich diesem Weg nicht genommen, war also schon okay so.
Anscheinend ist es nicht vorgesehen, von Miyako nach Jodogahama zu Fuß zu gehen…
Ich meine im Kopf zu haben, dass der Bus zurück um 18:15 abfährt, und beeile mich, den sehr langen Weg entlang der Küste und dann auch noch durch die Stadt bis zum Bahnhof zu nehmen. Unterwegs erlebe ich etliche Durchsagen und Melodien über die öffentlichen Lautsprecher. Ich verstehe sie nicht, habe also keine Ahnung, wozu sie auffordern. Bis die Abzweigung zum Bahnhof kommt, zieht die Hauptstraße der Stadt sich schier endlos. 18:15 hätte ich gerade noch geschafft, leider habe ich mich aber geirrt: der Bus fuhr um 18:05. Immerhin, es ist nicht der letzte, um 19:05 kommt nochmal einer. Es regnet seit dem letzten Aussichtspunkt wieder kräftiger. In einem nahen Supermarkt kaufe ich mir etwas zum Abendessen und begebe mich dann zum Wartezimmer an der Bushaltestelle, um Brotzeit zu machen. Der Bus zurück ist ein recht neuer, er hat sogar Steckdosen an jedem Sitz!
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