Templestay im Jikjisa Tempel, Gimcheon
Die Jogye Order, unter der heute die meisten koreanischen Tempel zusammengefasst sind, bewirbt das Templestay-Programm, unter dem zahlreiche Tempel einen Tag Einblick in den Tempelalltag gewähren. Ich wollte das einmal miterleben und habe mich nach dem Lesen einiger Tempel-Portraits auf der Webseite für den Jikjisa-Tempel nahe Gimcheon mit seinem “tranquil relaxation” Programm entschieden, weil er in die Reiseroute gepasst hat, das Programm täglich anbietet und der Inhalt sich nicht zu abgehoben gelesen hat. Das Reservierungsformular legt nahe, dass man die Kosten vorab auf ein koreanisches Konto überweisen soll, aber mir wurde versichert, dass die Zahlung vor Ort auch kein Problem ist.
Schon im Vorfeld wurde ich von der Templestay Managerin, Hally Jung, freundlich per email begrüßt und mit Anreiseinfos versorgt.
Und so sah mein Templestay-Zeitplan aus:
Zeit | Programmpunkt |
---|---|
15:30-17:00 | Uniform anziehen, Informationen lesen, Rundgang durch das Gelände mit Erläuterungen |
17:00-17:30 | Abendessen |
17:45 | das Spiel der Dharma-Instrumente beobachten |
18:00-18:30 | Yaebul (Lobpreisungen) in der großen Buddha-Halle |
18:30-19:00 | Meditation im Meditationszentrum |
03:45-04:20 | Yaebul (Lobpreisungen) in der großen Buddha-Halle |
06:00-06:30 | Frühstück |
07:00-09:00 | Wanderung zu einer der Einsiedeleien |
10:00-11:00 | Herstellen der 108 Gebetperlen Kette |
11:30-12:00 | Mittagessen |
bis 13:00 | Packen und Abreise |
So bin ich also am Morgen des 2.3. erst mit dem KTX nach Daejeon und dann mit dem Saemaeul weiter nach Gimcheon gefahren. Da noch etwas Zeit war, bin ich zunächst durch den dortigen Markt geschlendert. Wie in Korea üblich nimmt Fisch, Muscheln und sonstiges Meeresgetier einen breiten Raum ein.
Weiter ging es danach mit dem Bus zur Endstation Jikjisa. Das Dörfchen Jikji hat dort einen “Culture Park” mit diversen Kunstobjekten entlang eines Flusslaufs errichtet.
Wenig später zeigte ein Tor den Beginn des Tempelareals an.
Es handelt sich um ein ausgedehntes Tempelareal. Der Tempel soll schon 418 gegründet worden sein, wurde 645 wieder aufgebaut, in 930 und 936 unter Goryeo wiederbelebt, wieder errichtet 1399 und erweitert 1488, zählte er zu den acht besten Tempeln und brachte viele große Meister hervor. Von den Japanern 1596 schwer beschädigt, zog sich der Wiederaufbau 1602-1662, aus dieser Zeit sind etliche Bauwerke und sehr viele Kunstschätze in den Bethallen sowie im Museum vor Ort erhalten.
Der Buddhismus in Korea hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Im vierten Jahrhundert aus China eingeführt, wurde er zunächst von Baekje und Goguryeo, danach auch vom noch kleinen Silla-Reich als Staatsreligion angenommen. Bestehende shamanische Tradition, insbesondere die Verehrung von Berggöttern, wurden – wie später in Japan das Shinto – integriert und erklären, dass in beiden Ländern häufig Tempel einen Tempelnamen und einen Bergnamen parallel führen. Als Silla die beiden anderen Reiche unter sich einte, blieb das natürlich so. Auch in der anschließenden Goryeo-Zeit 918-1392 blieb der Buddhismus Staatsreligion.
Im darauffolgenden Joseon dagegen wurde er durch den Neo-Konfuzianismus verdrängt und Tempel in den Städten wurden verboten, die Tempel in den Bergen dagegen lebten fort und wurden von der Bevölkerung geschätzt und unterstützt. Eine zunächst bestehende Verfolgung von Buddhistischen Mönchen legte sich, nachdem diese bei der Abwehr der japanischen Invasoren Ende des 16. Jahrhunderts mithalfen. Diese Beteiligung am Krieg machte die Tempel aber natürlich auch zu direkten Zielen der Japaner.
Während der japanischen Besatzung 1910 bis 1945 lebte der Buddhismus wieder auf, allerdings unter japanischen Vorgaben. Danach bildete sich eine eigenständige Organisation für den koreanischen Seon-Buddhismus (japanisch Zen), die Jogye Order. Der Buddhismus in Korea scheint daher heute wesentlich homogener zu sein als in Japan, wo sich über Jahrhunderte verschiedene Schulen entwickelt haben.
Nach der Ankunft erhielt ich die Kleidung für Templestay-Teilnehmer, die man über geeignete eigene Kleidung anziehen kann, da es ja noch recht kalt war. Ich erhielt außerdem noch Gummi-Slipper, die mir recht gelegen kamen, weil meine Winterstiefel mit ihrer Schnürung fürs ständige Aus- und Anziehen beim Betreten von Gebäuden schon arg unpraktisch waren.
Die Templestay-Unterkunft liegt in einem recht neuen Gebäude gleich links vor der großen Buddha-Halle, an diesem Tag war ich einer von zwei Templestay-Besuchern. Ich hatte ein eigenes geräumiges Zimmer mit Fußbodenheizung (in Korea sehr verbreitet, man ist stolz auf die Ondol-Tradition) und eigenem Bad:
Das Templestay-Handbuch enthält neben den Benimm-Regeln, die man auch auf der Webseite findet, auch die Anleitung für die halbe und volle Verneigung, letztere wird auf Englisch “Full Bow” oder “Prostration” genannt.
Bei den Benimm-Regeln gilt vor allem:
- Schweigen und beim Herumgehen die linke und darauf die rechte Hand vor dem Bauch halten (Chasu)
- wenn einem Mönche begegnen, mit gefalteten Händen verneigen, ebenso beim Betreten und Verlassen von Bethallen zum Buddha hin
- nur die Seiteneingänge zu den Bethallen verwenden, die Schuhe natürlich ausziehen und ordentlich abstellen, und drinnen einen Platz seitlich einnehmen, denn die Fläche direkt vor dem Buddha steht nur den Mönchen zu
- die Zeiten fürs Essen und sonstige Aktivitäten einhalten
Nachdem ich mich soweit informiert hatte, konnte der Rundgang beginnen. Unsere Betreuerin hat gelacht als ich brav in Chasu-Haltung aus der Unterkunft kam, und gemeint, so strikt würde es hier nicht zugehen. In der Tat ratschen die schon auch mal, während sie neben dem Dharma-Spiel stehen oder rufen sich was zu.
Wir sind erst einmal die Tore zum Tempel der Reihe nach abgegangen. Das erste ist in koreanischen Tempeln das Iljumun, das Ein-Säulen-Tor (von der Seite betrachtet, von vorn hat es zwei Säulen, es gibt auch die Variante mit vier Säulen und drei Durchgängen). Als nächstes kam ein Tor mit Bildtafeln, die Geschichten aus der Anfangszeit des Tempels darstellen. Dabei ist mir folgende besonders in Erinnerung:
“Zwei junge Mönche machten sich auf den Weg nach China, um dort mehr über Buddha zu lernen. Unterwegs nächtigten sie im Freien. Einer der beiden wachte nachts auf und hatte Durst. Er tappte um sich und fand eine Schale mit Flüssigkeit, die gar köstlich zu trinken war. Sein Durst war gestillt, er legte sich wieder hin.
Als die beiden am nächsten Morgen aufwachten, sah der eine um sich, was er denn da eigentlich getrunken hatte. Er erkannte, dass er einen Schädel ergriffen hatte, und die Flüssigkeit darin vielleicht Überreste des Gehirns des Toten waren. Ihm wurde schlecht, und keinesfalls konnte er weiter davon trinken, obwohl es ihm in der Nacht so gut geschmeckt hatte.
Da erkannte er, dass es nicht eine Wahrheit der Dinge gibt, sondern dass es von der eigenen Geisteshaltung abhängt, was wir wahrnehmen. Er hatte die Erkenntnis, und musste daher nicht mehr nach China reisen, sondern kehrte um, nur der andere reiste weiter.”
Das nächste Tor ist das Cheonwangmun, das Tor der vier himmlischen Könige. In der koreanischen Tradition hat der Himmelskönig des Ostens eine Laute (Mandoline), der des Südens ein Schwert, der des Westens einen Drachen und ein wunscherfüllendes Juwel, und der des Nordens eine Stupa/Pagode in der Hand.
Ein wichtiger Ort neben den Bethallen ist der Glockenpavillion. Er beherbergt nicht nur die Glocke, sondern die vier Dharma-Instrumente:
- eine Trommel, zur Rettung der Tiere des Landes,
- eine Glocke, zur Rettung der Menschen,
- ein wolkenförmiger Gong aus Metall, zur Rettung der Tiere der Luft und
- ein hölzerner Fisch, zur Rettung der Tiere des Wassers.
Koreanische Glocken sind besonders. Sie verfügen über einen Luftkanal neben der Aufhängung und enden knapp über dem Boden, wo unter der Glocke eine Vertiefung angebracht ist. Das verleiht ihnen nach jedem Schlag einen oszillierenden (mehrfach ab- und wieder anschwellenden) Ton.
Die große Buddha-Halle Daeungjeon ist dem Gründer-Buddha Sakyamuni gewidmet, der zu seinen Seiten den Medizin-Buddha und den Buddha der Unendlichkeit hat. Hinter den drei goldenen Statuen hängen bemalte Seidenteppiche, weitere Gemälde und Statuen zieren die Seitenwände. Zum Schutz der historischen Kunstschätze gibt es keine Heizung.
Hier sowie anschließend in der Halle der tausend Buddhas (aus Jade) konnten wir schon mal das Prostration-Ritual üben. Man beginnt mit einer tiefen Verneigung in der Hüfte mit gefalteten Händen (half bow). Anschließend werden auf dem vom Stapel genommenen Kissen drei Prostrations ausgeführt. Dazu kniet man nieder, setzt die Hände vor die Knie, und führt die Stirn bis zum Boden. Die Füße sind überkreuzt, und der Po soll auf den Fersen aufliegen. Nachdem die Stirn aufliegt, hebt man die Hände und dreht die Handflächen nach oben. Dann wieder aufstehen, und das ganze noch zweimal. Die drei Wiederholungen beziehen sich auf die “Drei Juwele” des Buddhismus: Buddha, Dharma (seine Lehre) und Sangha (die Gemeinschaft der Praktizierenden). Abgeschlossen wird die Sequenz mit einer weiteren Verneigung.
Nun war es Zeit zum Abendessen. Jikjisa ist da sehr praktisch und einfach aufgestellt. Der Speisesaal mit seinen Tischreihen bietet Hunderten Platz, der Betonfussboden erlaubt den Eintritt mit Schuhen, nach dem Eingang findet sich ein Stapel Teller und Besteck (Korea verwendet generell Stäbchen und Löffel aus Metall), und dann kommt die Essensausgabe. Man nimmt sich Reis, verschiedene Gemüse (natürlich einschließlich Kimchi), und eine Suppe. Fleisch, Fisch oder Alkohol ist bei den Mönchen tabu. Tofu (Dubu, übersetzt als Bean Curd) und andere Sojaprodukte liefern das benötigte Eiweiß. Vor dem Essen wird ein Dankgebet gesprochen oder gedacht, der vorbereitete Text lautete etwa: “Ich bin es nicht würdig, dieses Essen einzunehmen, aber lass es mir zur Erbauung dienen.”
Vor dem Speisesaal befinden sich große Spülbecken, man wäscht das eigene Geschirr und Besteck dort ab und legt es in die bereitgestellten Abtropfkörbe.
Nach dem Essen war es dann schon Zeit, das abendliche Dharma-Instrumentenspiel zu beobachten. Das kunstvoll ausgeführte Trommelspiel war geradezu ein kurzes Konzert. Die Glocke wird abends 28 und morgens 33 mal geschlagen. Dann kommen die Wolke und der Fisch an die Reihe. Ganz bis zum Ende konnten wir aber nicht zusehen, denn um 18 Uhr begann Yebul, eine Reihe von Lobpreisungen. Hierzu versammelten wir uns in der großen Buddha-Halle. Die zahlreichen Prostrations während des Sprechgesangs werden vom zelebrierenden Mönch durch eine Holzglocke eingeleitet, als Anfänger versucht man es einfach den anderen gleich zu tun.
Nach den Abendgesängen wurden wir noch zu einer etwas abseitigen schmucklosen Halle geführt und zu einer einfachen Meditation angeleitet. Lieder musste ich da erkennen, dass mein Körper momentan nicht für etwas auch nur annähernd wie ein Lotussitz aussehendes geeignet ist, ich bekam rasch Knieschmerzen, die mich völlig ablenkten. Schon bei der Verneigung merke ich, wie es an der Hinterseite meiner Beine zieht. Ich bin durch die übliche Haltung und Bewegung einfach nicht sonderlich gelenkig, das ist aber eine Frage der Üung, durch Dehnungen wieder mehr Beweglichkeit zu erreichen.
Danach hatten wir Templestay-Gäste “Feierabend”, ich las nur noch ein wenig und legte mich gegen 20 Uhr schlafen, denn die Nacht würde kurz werden.
Die Buddhisten glauben, dass alles Leben um 3 Uhr morgens erwacht, und das ist daher auch die Aufstehzeit im Kloster. Mit der Holzglocke werden die Tempelbewohner ab 3 Uhr geweckt. Um 03:30 beginnt das morgendliche Dharma-Instrumentenspiel und ab 03:45 waren wir wieder zu den Lobpreisungen in der Tempelhalle. Anschließend konnte wir Gäste uns nochmal ein wenig hinlegen, bis es um 6 Uhr dann Frühstück gab. Eigentlich war ab 7 Uhr für uns eine Wanderung angesetzt, die haben wir aber auf etwas später verlegt, denn gerade an diesem Tag fand ein Ordinationsritual für neue Mönche statt. So konnten wir miterleben, wie sich an die hundert junge Mönche und Nonnen, die hierfür nach Jikjisa zusammengekommen waren, in Dreierreihen um die beiden Steinpagoden aufstellten und mit jedem Schritt erneut niederwarfen.
Etwas später also starteten wir dann eine Wanderung zu einer Einsiedelei, von denen es oberhalb des Tempels fünf gibt. Unser Ziel war Myeongjeokam. Der Weg quert einen Bachlauf:
Ein Aussichtspavillion erlaubt einen weiten Blick in die umliegenden Berge:
Recht neue, ansehnliche Gebäude erlauben den Mönchen den Aufenthalt in dieser Einsamkeit:
Nach der Rückkehr wurden wir angeleitet, eine buddhistische Betschnur aus 108 Holzperlen, einer Buddha-Perle und vier kleineren Kügelchen für die vier Himmelskönige zu fädeln.
Nun ging der Aufenthalt auch schon wieder zu Ende. Zum Mittagessen gab es noch ein Curry:
Und danach war es Zeit, mich wieder zu verabschieden.
Am Nachmittag folgte die Busfahrt zurück nach Gimcheon, und die Zugfahrt über Dongdaegu nach Gyeongju, der Hauptstadt des Silla-Reiches.
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