Yamanashi Prefecture Maglev Exhibition Center 8.4.2016
Als ich zur Nachbereitung des „SCMAGLEV and Railway Park“ Besuchs in Nagoya ein bisschen im Web zum Thema Maglev surfte, sah ich, dass auf der Versuchsstrecke in Yamanashi nur diese Woche (5.-9.4.) Testfahrten angesetzt sind. Diese Strecke stellt übrigens schon ein Teilstück der künftigen Verbindung Tokyo-Nagoya dar.
Grund genug, also am Freitag den 8.4. mit dem Zug (Limited Express „Kaiji“) von Shinjuku in 67 Minuten die 77km zum Bahnhof Ôtsuki und dann weiter mit dem Bus zum etwas abgelegenen „Yamanashi Prefecture Maglev Exhibition Center“ zu fahren.
Der Fahrer des kurz vor der auf der Webseite genannten Abfahrt 10:45 eintreffenden Busses wusste mit dem Stichwort „Maglev“ überhaupt nichts anzufangen, warum, wurde mir nachher klar: bei den Japanern läuft das ganze Projekt unter dem Stichwort „Linear“ (Rinia), „Maglev“ erscheint nur in den englischen Dokumenten. Aber dann wurde sogar eine englischsprachige Durchsage abgespielt und das Center ist die Endstation dieses Busses.
Dort befinden sich zwei Bauten, das Exhibition Center und ein ebenfalls dreistöckiger „Pavillon“, der einen Shop mit regionalen und bahnspezifischen Artikeln, Informationsdisplays und Schriftenständer zur Region, und ein Stockwerk mit ein bisschen Zugtechnik und einem Fenster auf die Strecke enthält.
Ich habe mich zunächst dem Exhibition Center zugewendet. Die Displays vor Ort beschränken sich leider auch hier auf japanisch, nur die Überschriften sind auf Englisch (sowie Koreanisch und Chinesisch) übersetzt. Ein Informationsgewinn war mir so kaum möglich, die Basics wusste ich ja schon. Es gibt die üblichen Physikexperimente zum Elektromagnetismus, zum Linearmotor und zum elektrodynamischen Schweben, die ich so ähnlich auch schon in Nagoya gesehen hatte. Es scheint ein paar Detailinformationen zum Beispiel zu höher temperierten Supraleitern beim L0 zu geben (der Elektromagnet am Fahrzeug des früheren Testfahrzeugs ist im Original ausgestellt und nutzte flüssiges Helium zur Kühlung).
Etliche Aspekte – welches Kühlmittel wird verwendet und wie häufig muss es „nachgefüllt“ werden, welche Infrastruktur und Logistik wird für dieses Unterfangen benötigt – hätten mich interessiert, aber bleiben zumindest dem Englischsprachler völlig unklar. Ferner ein Diorama, das hier natürlich Landschaften aus Yamanashi darstellt, ein Fuji an der Wand darf auch nicht fehlen.
Wie in Nagoya werden im Modell neben Schienenfahrzeugen auch einige Straßenfahrzeuge bewegt. Das ganze wird im verdunkelten Raum mit Spotbeleuchtung und Filmprojektionen in Szene gesetzt – stimmungsvoll, aber für meinen Fotoapparat ist das Halbdunkel eine Herausforderung.
Durchsagen, auch nur auf japanisch, wiesen schließlich darauf hin, dass der Testbetrieb gestartet ist und die erste Durchfahrt bevorsteht. Monitore zeigen Position und Geschwindigkeit des Testzugs.
Dazu wurde im 2F die Terrasse geöffnet, so dass man nur durch einen engen Maschenzaum von der Strecke getrennt war. Das Nahen des Zuges kündigt sich mit Brausen und Vibration an, er schießt aus dem Tunnel, quert die kurze offene Strecke und taucht in den Tunnel auf der anderen Seite ein. Noch mehr als beim Shinkansen erfordert die Geschwindigkeit große Kurvenradien und führt zu einem großen Anteil an Tunneln auf der (Test-)Strecke. Laut Wikipedia sind 86% der Strecke als Tunnel geplant.
Den zweiten Testzug, der seinerzeit den Begegnungsgeschwindigkeitsrekord (Relative Passing Speed) aufstellen half, scheint es nicht mehr zu geben, die vordere der beiden Spuren enthält auf Höhe des Center eine Unterbrechung zur Auffahrt von Wartungsfahrzeugen.
Auch am Center sind natürlich Kirschbäume gepflanzt, die schön blühen.
Ein kurzer Weg führt zu einer Beobachtungsplattform oberhalb der Strecke. Die Strecke ist großräumig eingezäunt.
Auf dem Rückweg stieg ich etwas früher aus dem Bus aus, um Ôtsuki ein wenig zu erkunden. Ein Privatgarten neben dem Parkplatz eines Supermarkts enthält einen schönen Kirschbaum.
Auch Forsythiensträucher blühen:
Insgesamt scheint die Kirschblüte hier im höher gelegenen Hinterland etwas später dran zu sein als an der Küste. Hinter einem Schrein öffnet sich der Blick: der Ort wird durch ein tief eingeschnittenes Flusstal geteilt.
Plötzlich fühle ich mich fast als Ruinenexplorer, eine Betonfläche neben der Straße entpuppt sich als Dach einer verfallenden Industrieanlage, daneben sind Schütttrichter für das Entladen von Lastwagen erhalten, das Stockwerk darunter ist mittlerweile als Garage genutzt.
Ein ehemals über die Schluchtwand hinausragender Betonboden ist verfallen: eine dünne Betonschicht war auf Holzbohlen aufgebracht. Ich werde künftig Betondecken in Japan mit etwas mehr Skepsis betrachten.
Ein Kanaldeckel mit mehreren Logos: Offenbar eine Gemeinschaftsunternehmung, das Logo von Ôtsuki City ist rechts.
Die Privatbahn Fujikyu verbindet den JR-Bahnhof Ôtsuki mit Kawaguchiko Station, an einem der fünf Fuji-Seen gelegen. Unterwegs hat sie eine Station “Fujisan”, die allerdings nur in 809m Höhe gelegen ist, dort beginnt eine der Aufstiegsrouten zum Fuji. Der Zug wendet dort auf seinem Weg bergauf.
Ôtsuki hat einen schönen Kanaldeckel, den ich hier in Farbe gefunden habe:
Auf der Rückfahrt bin ich dann noch in Mitaka ausgestiegen und ein wenig durch die dortigen Parks spaziert.
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